Nation

Kommentar - Die drastischen Veränderungen in den Machtverhältnissen des St.Galler Stadtparlaments

2024-09-22

Die politischen Machtverhältnisse im St.Galler Stadtparlament haben sich an diesem Sonntag grundlegend verändert. Die bürgerlichen Parteien FDP, SVP und die Mitte haben nun mit insgesamt 32 Sitzen erneut die Mehrheit im Stadtparlament, das aus 63 Sitzen besteht – und das ohne die grünliberalen Unterstützer. Während die Stadtregierung weiter links-grün geprägt bleibt, sind die Herausforderungen für diese nun vielfältiger und komplexer.

Ein markanter rechtsgerichteter Kurswechsel wird erwartet, insbesondere in der Klima- und Verkehrspolitik. Maßnahmen wie die Einführung von Tempo 30, die Abschaffung von Parkplätzen oder die Begrünung von Straßenflächen stehen vor viel größeren Hürden. Experten prognostizieren, dass dieser Rechtsrutsch auch in der städtischen Finanzpolitik ab 2025 erhebliche Spuren hinterlassen wird: Die Forderungen nach Steuersenkungen dürften lauter und mehrheitsfähig werden, was zu einem Umdenken in der Haushaltspolitik führt.

Trotz dieser Veränderungen haben die Wählerinnen und Wähler in der Kantonshauptstadt erneut ihr Vertrauen in die Stadtregierung gezeigt. Alle fünf amtierenden Mitglieder wurden im ersten Wahlgang wiedergewählt, was darauf schließen lässt, dass die Mehrheit der Bevölkerung mit der bisherigen Arbeit zufrieden ist.

Allerdings ist das Urteil der Wählerinnen und Wähler über die Exekutive differenziert. Direktoren wie Maria Pappa und Peter Jans erzielten am Sonntag hervorragende Ergebnisse, weit über dem absoluten Mehr. Interessanterweise konnten sie auch Stimmen aus bürgerlichen Kreisen gewinnen. Mathias Gabathuler, der seit vier Jahren die Direktion Bildung und Freizeit leitet, wird ebenfalls für seine Leistungen gelobt.

Die Situation von Markus Buschor und Sonja Lüthi ist jedoch problematischer. Der parteilose Baudirektor und die grünliberale Direktorin für Soziales und Sicherheit kamen nur knapp über das absolute Mehr. Dies mag keine direkte Abstrafung sein, aber es ist definitiv ein Warnsignal. Hätten sich die Grünen und die SVP an den Stadtratswahlen beteiligt, wären höchstwahrscheinlich zusätzliche Wahlen erforderlich geworden.

Besonders auffällig war die lange Untätigkeit von Sonja Lüthi bezüglich der 2021 gegründeten Spitex St.Gallen AG, die schließlich eine Finanzspritze von drei Millionen benötigte. Auch Markus Buschor sieht sich mit Problemen konfrontiert: das geplante Busdepot im Westen der Stadt musste aufgrund eines Kostenüberruns aufgegeben werden, und auch die Tagesbetreuung im Boppartshof wird um ein Vielfaches teurer als ursprünglich angenommen. Diese Punkte werden von der Wählerschaft nicht vergessen und könnten in Zukunft entscheidend für die politische Landschaft in St.Gallen sein.