Journalistin bewirbt sich als Security – und landet im Asylzentrum!
2025-01-06
Autor: Luca
Eine mutige Journalistin des SRF wagte das Undenkbare: Sie schleuste sich für eine geheime Recherche als Wachfrau in ein Zürcher Asylzentrum ein.
Für diesen Undercover-Einsatz hatte sie einen absichtlich unqualifizierten Lebenslauf erstellt, der Nebenjobs wie Snowboardlehrerin und Kutscherin enthielt - Berufe, die kaum mit der Sicherheitsbranche in Verbindung stehen. Sie bewarb sich bei etwa 90 Sicherheitsfirmen in verschiedenen Kantonen.
Die Antwort war überraschend: Für zehn dieser Firmen fand ein Bewerbungsgespräch oder direkte Jobangebote statt. Bei einer Firma wurde zum Beispiel ein Strafregisterauszug verlangt, nach Vorkenntnissen gefragt und auf die Ausbildungsanforderung hingewiesen – dies entspricht dem Zürcher Polizeigesetz. Doch bei den meisten anderen Bewerbungen verlief der Prozess viel lascher; es wurden wenige Fragen gestellt und oftmals wurde kein Strafregisterauszug verlangt. In einigen Fällen erhielt sie die Jobzusage direkt per Telefon oder E-Mail, und so fand sie sich nach kurzer Zeit in derselben Zürcher Asylunterkunft wieder – ohne jemals vorher von der Firma gesehen worden zu sein.
Die Einführungsphase im Asylzentrum, das sich in einer alten Polizeikaserne befindet, war äußerst kurz und wenig aufschlussreich. Nach einem schnellen Rundgang fand die Journalistin schnell heraus, dass sie bei einem Feueralarm schnell reagieren sollte, um teure Feuerwehrkosten zu vermeiden – eine kurios klingende Priorität. Ihre Aufgaben umfassten die Kontrolle von Asylbewerberinnen und -bewerbern, den Schutz des Personals und die Verhinderung von Konflikten. Die Schulung dafür war jedoch sehr mangelhaft.
Auf die naive Frage, wie man bei einem Konflikt reagieren solle, antwortete der Mitarbeiter der Firma „B.i.g. Security und Services“, dass es keinen Konflikt geben werde. Dass die „Polizeikaserne“ derzeit aufgrund von Unruhen in den Schlagzeilen war, wurde nicht erwähnt. Während des Rundgangs beobachtete sie sogar, wie ein Drogenabhängiger in der Nähe eine Spritze preparierte; der Mitarbeiter riet ihr lediglich, stichfeste Handschuhe mitzubringen.
Dies ist kein Einzelfall. In der Schweiz gibt es rund 900 Sicherheitsfirmen, die im Nachtleben, im Straßenverkehr und in Asylzentren aktiv sind. Die Recherche des SRF zeigt, dass viele dieser Firmen in ihrer Ausbildungs- und Sicherheitskultur fragwürdige Praktiken pflegen. Mitarbeiter werden selten gründlich überprüft und erhalten oft keine angemessene Ausbildung.
Auch andere Sicherheitsangestellte bestätigen die Eindrücke der Journalistin: Die mangelhafte Ausbildung, unzureichende Ausstattung – oft auf eigene Kosten beschafft – und die niedrigen Löhne, die häufig am Minimum kratzen, sind verbreitete Probleme in der Branche.
Nachdem die journalistische Recherche den Unternehmen präsentiert wurde, reagierten zwei Firmen nicht. Von den übrigen acht wiesen die meisten die Vorwürfe schriftlich zurück und behaupteten, es habe sich nur um ein unverbindliches Kennenlerngespräch oder um ein Angebot für einen Probetag gehandelt.
Das Unternehmen „B.i.g. Sicherheit und Services“ wies die Vorwürfe ebenfalls zurück. Laut deren Aussage unterschreiben alle Mitarbeiter einen Vertrag, in dem ein einwandfreier Leumund bescheinigt wird. Die Unterlagen hätten innerhalb von zehn Tagen eingereicht werden müssen, sonst sei der Vertrag ungültig. Komischerweise erhielt die Journalistin diese Vereinbarung erst nach ihrem ersten Arbeitseinsatz.
Zur ungenügenden Vorbereitung gab das Unternehmen an, es habe ja immerhin eine „kurze Einführung“ gegeben und mögliche Probleme seien angeblich mit dem Leiter der Kaserne besprochen worden. In der Probezeit hätte die Journalistin weitere Schulungen erhalten. Diese Enthüllung wirft ein besorgniserregendes Licht auf die Sicherheitsstandards in Schweizer Asylunterkünften. Wie sicher sind also die Bürger, wenn solche Zustände herrschen? Dies könnte eine dringliche Debatte über die Regulierung und Überprüfung der Sicherheitskräfte in der Schweiz anstoßen.