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Eugen Gomringer: Ein Blick zurück auf 100 Jahre voller Poesie und Inspiration

2025-01-20

Autor: Mia

Eugen Gomringer, der berühmte Lyriker und Begründer der Konkreten Poesie, feierte kürzlich seinen 100. Geburtstag. In einem spannenden Interview reflektiert er über seine lange Karriere, den Wert der Sprache und das Geheimnis seiner außergewöhnlichen Vitalität bis ins hohe Alter.

SRF: Herr Gomringer, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem 100. Geburtstag! Wie fühlen Sie sich?

Eugen Gomringer: Mir geht es gut, danke der Nachfrage.

Sie sind für viele ein Phänomen: Mit Ihrer unermüdlichen Kreativität, zahlreichen Veröffentlichungen, Ausstellungen und Vorträgen sind Sie auch im hohen Alter aktiv geblieben. Wie haben Sie Ihre Jugendlichkeit bewahrt?

Es sind die ständigen Umstellungen, die ich vorgenommen habe. Immer dann, wenn ich das Gefühl hatte, alt zu werden, strebte ich nach jugendlichem Neuanfang. Das ist eine besondere Gabe, die mich ein Leben lang begleitet hat.

Und wie bedeutend ist Ihr 100. Geburtstag für Sie, um auf Ihr Leben zurückzublicken?

Ich habe sogar darüber nachgedacht, ein neues Buch zu verfassen, in dem ich über meine älteren Kollegen reflektiere, die mich stets inspiriert haben. Bei Ihnen fand ich Anregungen und auch heraus, was ich anders machen wollte.

Wer sind diese älteren Kollegen?

Dichter wie Schiller, Hölderlin und der junge Hesse, deren Werke mich geprägt haben.

Worauf sind Sie besonders stolz, wenn Sie auf Ihr Leben zurückblicken?

Darauf, dass ich wiederholt in der Lage war, neu zu starten. Es gab schwierige Zeiten, in denen ich litt, aber ich fand stets neue Wege, durch die Kombination verschiedener Berufe - als Dichter, Verbandssekretär und Geschäftsführer - meine Kreativität aufrechtzuerhalten.

Sie haben mit der Konkreten Poesie Meilensteine in der Literatur gesetzt. Welche Bedeutung hat das für Sie?

Das ist der Kern meiner Ausdrucksweise. Ich kann keine andere Sprache sprechen als die der Konkreten Poesie. Sie ist mein untrennbarer Ausdruck.

Die Konkrete Poesie hat auch heute noch Einfluss – sei es in der Literatur, Werbung oder sozialen Medien. Bereitet es Ihnen Freude, etwas Beständiges geschaffen zu haben?

Ja, in der Tat. Aber viele Menschen haben nicht vollständig erfasst, was Konkrete Poesie wirklich ist. Vielleicht war ich manchmal meiner Zeit voraus.

In Anbetracht der Sprache in der heutigen Welt, in der Populisten wie Putin oder Trump sie für Propaganda und Falschinformationen missbrauchen, ist Ihr Fokus auf Sprache relevanter denn je.

Das stimmt. Man muss sich fragen, wofür Sprache dient. Viele Menschen hinterfragen das nicht mehr. Dabei ist es entscheidend, was wir sagen – Poesie drückt Tiefe und Wahrheit aus.

Denken Sie oft über den Tod nach?

Überhaupt nicht! Ich bin mir sicher, dass ich weiterlebe! Meine verstorbene Frau Nortrud hat mir gezeigt, dass das Leben weitergeht.

Glauben Sie, dass Sie Ihre Frau eines Tages wiedersehen?

Ja, ich glaube, dass ich sie in einem Restaurant wiedersehen werde, wo wir à la carte speisen. Viele Dinge im Leben sind voraussagbar, aber oft scheuen wir den Mut, uns damit auseinanderzusetzen. Das Leben selbst erfordert Mut.

Und woher nimmt man diesen Mut?

Durch gutes Befinden und Gesundheit. Man muss dafür sorgen, dass man gesund bleibt.

Sie hatten Glück, dass Sie gesund geblieben sind.

Ja, das ist wohl wahr.

Welchen Wunsch haben Sie für die Zukunft?

Ich wünsche mir, dass ich das Gleichgewicht im Leben halten kann. Es ist wichtig, sich selbst zu befragen: Handhabe ich die Dinge richtig? Die religiöse Selbstreflexion ist dabei hilfreich.

Wie viele Jahre erwarten Sie noch zu leben?

Vielleicht noch ein oder zwei Dutzend – wer weiß das schon? (lacht)

Eugen Gomringer bleibt sich treu und inspiriert weiterhin viele Menschen mit seiner Kunst und Lebensweisheit. Sein Jubiläum ist ein Grund zu feiern, nicht nur sein Leben, sondern auch seine bedeutenden Beiträge zur Literatur. Es wird spannend sein zu sehen, welche Projekte er in der nächsten Dekade angehen wird!