Nation

Ein Jahr nach dem historischen Klimasieg der Senioren: Wo stehen wir jetzt?

2025-04-09

Autor: Louis

Ein bahnbrechendes Urteil und seine Folgen

Vor einem Jahr erließ der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg ein Urteil, das die Schweiz aufgrund ihrer unzureichenden Maßnahmen gegen den Klimawandel verurteilte. Die Medien betitelten das Ereignis als "historisch" und "bahnbrechend", wobei der Fall der Schweizer Klimaseniorinnen als wegweisend für zukünftige Klimaklagen gilt.

Helen Keller, Rechtsprofessorin an der Universität Zürich und ehemalige EGMR-Richterin, hebt hervor, dass dies die erste Klimaklage war, die am EGMR angenommen wurde. Ihrer Meinung nach ist die Relevanz des Urteils nicht zu unterschätzen: "Ich bin überzeugt, dass dieser Fall in die Reihe der bedeutendsten Entscheidungen des Gerichtshofs eingehen wird."

Politische Reaktionen und Herausforderungen

Trotz der internationalen Anerkennung rief das Urteil in der Schweiz hitzige Debatten hervor. Politiker aus den rechten und mittleren Lagern forderten, keine weiteren Maßnahmen zu ergreifen. Der Bundesrat betonte, dass die Schweiz bereits genügend gegen den Klimawandel unternehme, insbesondere durch das vor einem Jahr verabschiedete CO₂-Gesetz.

Keller merkt an, dass es unrealistisch sei zu erwarten, dass ein Gericht die Klimakrise lösen kann. Gleichzeitig haben Gerichte die Pflicht, bestehende Rechte durchzusetzen und Staaten zu informieren, was zur Umsetzung nötig ist.

Ein Urteil, viele Fragen

Professor Thomas Bernauer von der ETH Zürich meint, dass das Urteil zwar als Signal dienen kann, die politischen Mehrheiten jedoch entscheidend sind. "Das Urteil kann die öffentliche Diskussion anregen und denjenigen Rückhalt geben, die mehr Klimaschutz fordern." Doch letztlich funktionsieren die Verfahren in der Schweiz unabhängig vom Gerichtshof.

Der EGMR gab der Schweiz keine konkreten Anweisungen, wie die Klimaziele erreicht werden sollen, was eine Herausforderung für die Politik darstellt.

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Es herrscht breite Zustimmung, dass der Klimawandel ein ernsthaftes Problem ist und mehr Maßnahmen notwendig seien. Doch bei konkreten Vorschlägen, wie dem Verbot von Ölheizungen oder höheren Steuern auf Flugreisen, schwindet die Unterstützung der Öffentlichkeit deutlich.

Das Klimaurteil hat vor allem emotionale Debatten entfacht. Bis zum Herbst muss die Schweiz jedoch das Ministerkomitee des Europarates über ihre Klimastrategie informieren. Angesichts der gegenwärtigen politischen Verhältnisse ist ein Kurswechsel eher unwahrscheinlich.