Unterhaltung

Die dunkle Seite des Paradieses: Warum wir im Hotel so gern sündigen

2025-04-07

Autor: Lukas

Die Serie «The White Lotus» zeigt auf brillante Weise: Strahlend schöne Menschen in traumhaften Kulissen können oft ziemlich gruselig sein. Mit ihrem Setting in einer fiktiven Hotelkette wird die dritte Staffel dieser beliebten Serie diesmal in Thailand angesiedelt.

Der Plot selbst ist nebensächlich, denn immer wieder erleben wir das Gleiche: Übermäßig reiche Menschen fliehen vor ihrem monotonen Alltag in das Ferienparadies, nur um sich in Luxus, Party und Vergnügen zu verlieren. Das klingt verlockend, bis die schockierende Wahrheit ans Licht kommt – die Leichen, die unter den Palmen verborgen liegen.

Für das Publikum ist diese Mischung aus Glamour und Verbrechen der reinste Nervenkitzel. Das luxuriöse Hotel fungiert dabei als der perfekte Spielplatz für menschliche Abgründe und unmoralische Taten.

Im Hotel ohne Hemmungen

„Hotels sind oft eine Art Zwischenwelt, in der viele das Gefühl haben, dass moralische Grenzen überschritten werden können“, erklärt die Kulturjournalistin Marion Löhndorf. In ihrem Essay „Leben im Hotel“ führt sie tief in die faszinierende Welt der Hotels ein.

Löhndorf hebt hervor, dass Menschen in Hotels oft hemmungslos werden: „Im Hotel fühlen sich einige Menschen dazu ermutigt, Dinge zu tun, die sie zu Hause niemals wagen würden.“ Von Rockstar-Eskapaden, die Zimmer und Möbel zertrümmern, bis hin zu Abenteuern der Normalsterblichen – in Hotels sind die Möglichkeiten schier unbegrenzt. Und nicht zu vergessen die Affären; das Hotel ist das wahre Hauptquartier für Seitensprünge.

Vergnügen mit Risiken

„Seit der Erfindung der Hotels sind sie ein Ort für Wohlhabende, die nach Vergnügen suchen. Dieses Vergnügen ist immer ein wenig riskant“, so der Historiker Valentin Groebner, ein Experte für Tourismusgeschichte. Hierbei spielt nicht nur der verheiratete Mann eine Rolle, der beim Seitensprung im Hotelzimmer erwischt wird, sondern auch die potenziellen gesundheitlichen Folgen des übermäßigen Alkoholgenusses an der Bar.

Ein dunkler Schatten

„Hotelmorde haben in der Politik seit dem 19. Jahrhundert eine bedeutende Rolle gespielt“, erzählt Groebner und erinnert an den mysteriösen Tod des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Uwe Barschel im Jahr 1987 im Genfer Hotel Beau-Rivage.

„Hotels können auch eine bedrohliche Dimension haben“, ergänzt Löhndorf. Lange Flure und verschlossene Zimmertüren, die an Gefängnisse erinnern, tragen zur gruseligen Atmosphäre bei und weisen auf ein enormes dramatisches Potential hin. Filme wie „The Shining“ und „Psycho“ verdeutlichen, wie Hotels zum Schauplatz unerhörter Schrecken werden können.

Die perfekte Bühne für Dramen

Klingt es vielleicht so, als würde in jedem Hotel ein Mörder auf sein nächstes Opfer warten? Wohl kaum, denn sonst wäre der gesamte Hotel-Tourismus längst am Ende. Aber Hotels bieten die ideale Bühne für dramatische und unerwartete Begegnungen. „Hoteliers wissen seit jeher, dass Hotels dramatische Inszenierung sind“, so Groebner.

Die Rolle des Personals

Spannend an Hotels ist auch das klare Rollenverständnis zwischen Gästen und Personal. Löhndorf erläutert, dass die Angestellten eine wichtige, wenn auch untergeordnete Rolle spielen. „Hotelgäste suchen die Gesellschaft der richtigen Menschen – der attraktive Kellner darf nicht fehlen“, so Groebner. Der Aufenthalt im Hotel beinhaltet auch das Träumen – vielleicht vom Flirt mit dem Fitnesstrainer.

Ein vorübergehendes Paradies

Der Aufenthalt im Hotel soll den Gästen Wohlbefinden bringen und die gewöhnlichen Sorgen vertreiben. „Wir wollen wiederhergestellt werden“, betont Groebner. In Luxus-Hotels scheint die Welt perfekt, und die Gäste fühlen sich unbesiegbar – aber das hat seinen Preis.

Wie die Schriftstellerin Katja Eichinger treffend formulierte: Der Infinity-Pool symbolisiert den Luxus und verspricht, dass der Moment nie endet. Doch der Urlaub ist leider vergänglich und auch die vermeintlich perfekten Gäste sind es. „The White Lotus“ ist ein glänzendes Beispiel dafür, dass es auch im Paradies viel Raum für Sünde gibt.