Alarmierende Zunahme von Kindesentführungen in der Schweiz: 100 offene Fälle
2025-01-17
Autor: Lara
In der Schweiz sind zurzeit etwa 100 Kindesentführungsfälle offen, wobei die meisten Entführungen von einem Elternteil ins Ausland durchgeführt werden. Im Jahr 2023 wurden 80 Kinder von der Schweiz in andere Länder gebracht, was die besorgniserregenden Trends der letzten Jahre verstärkt.
Das Bundesamt für Justiz (BJ) ist besorgt über die ansteigenden Zahlen und plant, die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Behörden zu intensivieren, um die Rückführung entflohener Kinder zu erleichtern. Dazu wird das Haager Übereinkommen, das den Mitgliedstaaten rechtliche Unterstützung bei internationalen Kindesentführungen bietet, von zentraler Bedeutung sein.
Ein Beispiel für diese tragischen Situationen ist die Geschichte von Tariq el Nor, dessen einjährige Tochter von der Mutter nach Kolumbien entführt wurde. Die Statistiken zeigen, dass 2023 in der Schweiz die Zahl der Entführungen um über 30% gestiegen ist im Vergleich zu den vorangegangenen zehn Jahren.
Aber ab wann spricht man überhaupt von einer Kindesentführung? Laut dem Bundesamt für Justiz liegt eine Kindesentführung vor, wenn das Recht einer Person, über den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen, durch ein unautorisierte Verbringung oder Zurückhaltung im Ausland verletzt wird. Das bedeutet konkret, dass ein Kind von einem Elternteil oder einer dritten Person, ohne das Einverständnis eines anderen Elternteils, ins Ausland gebracht wird.
Die Einführung des Prinzips der elterlichen Vorsorge im Jahr 2014 hat dazu geführt, dass beide Elternteile, unabhängig von ihrem Ehestatus, gemeinsam Entscheidungen für ihr Kind treffen müssen, einschließlich des Aufenthaltsortes.
Im Jahr 2023 wurden die meisten der 80 entführten Kinder ins europäische Ausland gebracht, wobei Frankreich, Deutschland und Italien die häufigsten Zielländer sind. Schockierenderweise sind in 80% der Fälle die Mütter die ausführenden Elternteile.
Die Zunahme dieser Vorfälle ist ein komplexes Problem, und es gibt viele mögliche Erklärungen. Laut Liliane Marti, Mediensprecherin des BJ, könnten Faktoren wie das allgemeine Bevölkerungswachstum und die zunehmende Mobilität der Menschen dazu beitragen. Dies führt nicht selten dazu, dass bei Konflikten oder Scheidungen einer der Elternteile in sein Herkunftsland zurückkehren will und dabei die gemeinsamen Kinder mitnehmen möchte.
Was können betroffene Elternteile unternehmen? Das Haager Übereinkommen verpflichtet die Mitgliedsstaaten, einheitliche Verfahren zur Rückführung von Kindern aus dem Ausland zu schaffen. In der Regel müssen solche Rückführungen innerhalb von sechs Wochen nach der Entführung angeordnet werden.
Der zurückbleibende Elternteil hat die Möglichkeit, sich an die zentrale Behörde der Schweiz zu wenden oder direkt an die zuständige Behörde im Ausland, was jedoch meist ein langwieriger Prozess ist. Der Erfolg solcher Verfahren hängt stark vom Rechtssystem des jeweiligen Landes ab.
Um die Situation nachhaltig zu verbessern, hat das Parlament den Bundesrat beauftragt, die bestehenden Gesetze zu prüfen und sicherzustellen, dass die Interessen der Kinder ausreichend berücksichtigt werden. Im Fokus steht dabei die Umsetzung effizienter Prozesse zur Lösung von Konflikten und die Unterstützung der Kinder sowohl vor als auch nach Gerichtsverfahren.
Dieser alarmierende Anstieg der Kindesentführungen ist ein dringender Aufruf zur Handlung für alle Beteiligten. Eltern, Behörden und die Gesellschaft müssen gemeinsam Lösungen finden, die das Wohl der Kinder in den Mittelpunkt stellen. Der Dialog und die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Behörden sowie den betroffenen Eltern sind entscheidend, um diesen Trend zu stoppen.