Unterhaltung

100 Jahre Rosamunde Pilcher: Das Geheimnis ihres literarischen Erfolgs

2024-09-21

In der zauberhaften Welt von Rosamunde Pilcher findet man elegante Herren in Tweed-Jacken und Damen mit Strohhüten und Perlenketten. Hier genießt man den Nachmittagstee in opulenten Landhäusern oder auf prachtvollen Herrensitzen. Mit einem schnittigen Cabrio fährt man zu einem verträumten Cottage, hoch über den Klippen an der malerischen Südküste Englands.

Michael Smeaton, der seit über 30 Jahren die Pilcher-Filme produziert, äußert im Gespräch mit SRF: «Die Pilcher-Filme sind stark traditionell. Wir spiegeln ein Leben in England wider, das es so nicht mehr gibt. Wir zeigen diese Welt, wie sie früher war, und das spricht viele Menschen an.»

Die malerischen Kulissen und Traumhäuser laden dazu ein, bei Meeresrauschen und Möwenschreien über das Leben und die Liebe nachzudenken.

Beispielsweise reflektiert Morris in „Der Himmel über Cornwall“: «Lilian war schön, reich und intelligent. Doch sein Zögern war für niemanden nachvollziehbar. Obwohl sie das Traumpaar zu sein schienen, nagte ein Zweifel in Morris … Diese Gedanken beschäftigten ihn, während er am Strand spazieren ging.»

Kritik an der Vorhersehbarkeit

Rosamunde Pilchers Geschichten handeln von Liebe, Beziehungen, Scheidungen, Familien, Erbschaften und Intrigen. Kritiker bemängeln oft die scheinbare Banalität, die Wiederholungen und die Vorhersehbarkeit ihrer Werke. Ein Artikel in der deutschen Wochenzeitung „Die Zeit“ fast es zusammen: „Die Belanglosigkeiten der Alltagskommunikation ergehen sich seitenlang, und schon nach 50 Seiten weiß man, wohin die Reise geht.“

Doch trotz dieser Kritik erfreuen sich ihre Werke großer Beliebtheit als „Guilty Pleasures“. Viele Zuschauer gestehen, manchmal mit einem Hauch von Schuld, dass sie die Filme genießen. Die Pilcher-Welt, so liegen die Ergebnisse von Online-Umfragen nahe, bietet eine willkommene Flucht aus dem Alltag.

Rosamunde Pilcher selbst hatte niemals das Ziel, eine literarische Ikone zu werden. In einem Interview von 1994 erzählte sie, wie sie, als junge Frau auf dem schottischen Landsitz ihres Mannes, nach einer Beschäftigung suchte. Sie entdeckte eine alte Schreibmaschine und begann zu schreiben. Obwohl sie die Kritik an ihren Romanen gelassen hinnehmen konnte, war ihr klar, dass ihre Geschichten nicht allen gefallen würden.

Wandel der Zeiten

In den letzten 30 Jahren hat sich die Gesellschaft jedoch erheblich gewandelt. Themen wie weibliche Emanzipation, Diversität und Geschlechtsidentität sind in den Vordergrund gerückt. Smeaton bestätigt, dass in den heutigen Verfilmungen einige dieser aktuellen gesellschaftlichen Themen behandelt werden, ohne jedoch den Fokus auf das Grundthema der Liebe zu verlieren.

Was viele überrascht: Rosamunde Pilcher begann tatsächlich als Feministin. Sie beklagte sich, dass es als Ehefrau erniedrigend sei, kein eigenes Geld zu besitzen, und wendete sich dem Schreiben zu, um ihre Unabhängigkeit zu finden. Der große Durchbruch kam mit ihrem Roman „Die Muschelsucher“, als sie bereits 63 Jahre alt war, danach stellte sich der Erfolg ein, und sie wurde zur Bestsellerautorin mit mehr als 60 Millionen verkauften Büchern und rund 150 Fernsehfilmen.

So stellt sich die Frage: Was ist das Erfolgsgeheimnis von Rosamunde Pilcher? Es sind nicht Sex und Gewalt, die normalerweise Bestseller garantieren, sondern die Romantik. Ihre Geschichten sind moderne Märchen, die, obwohl vorhersehbar, nie aufreibend sind. Leser können sich entspannt zurücklehnen, denn ein Happy End ist garantiert. „Pilchers Geschichten sind wie eine Kuscheldecke, in die man sich einwickeln kann“, erklärt Smeaton. „Es ist keine Flucht in eine Fantasiewelt, sondern in eine angenehme Realität, die wir kennen.“ Trotz ihres Erfolgs blieb Pilcher demütig und fuhr statt eines luxuriösen Sportwagens ihren 20 Jahre alten Ford. Ihre Erzählungen bieten nicht nur romantische Fluchten, sondern auch eine Mischung aus Nostalgie und Realität, die viele Menschen anspricht.